Der Segen der Kobolde
By Isla Pickis, Erzählung nach alt-keltischer Überlieferung
Es war einmal vor langer, langer Zeit ein Paar, das irgendwo in Irland lebte. Ihr Land war karg und trocken, kein Samen wollte in der spröden Erde wurzeln, kein Grün keimte, und der Wind trug nur Staub über die Felder. Sie hegten und pflegten das Land, doch es blieb unfruchtbar.
Eines Tages geschah etwas Seltsames. Ihre Tiere – Schafe, Ziegen und Hühner – erschienen immer wieder im ersten Stockwerk des Hauses, obwohl sie sicher in ihrem Gehege hinter Zäunen untergebracht waren. Der zweite Stock jedoch blieb vorerst verschont, denn eine lange, schmale und steile Treppe führte dorthin, die für die Tiere unmöglich zu erklimmen war. Wütend und verwirrt über den Unfug, den die Tiere im Haus anrichteten – sie hatten den ersten Stock vollkommen verunreinigt –, versuchten sie das Rätsel zu lösen. Doch so sehr sie das Haus absicherten, immer wieder standen die Tiere plötzlich in den Räumen.
In ihrer Verzweiflung suchten sie einen alten Druiden auf, einen der letzten in der Gegend. Sie schilderten ihm ihr seltsames Problem, und der Druide hörte geduldig zu. Schließlich sprach er mit ruhiger Stimme: „Das sind die Spiele der Kobolde. Ihr dürft nicht wütend auf sie sein. Folgt einfach ihrem Spiel, bringt die Tiere zurück ins Gehege und zeigt euren Respekt.”
Das Paar nahm sich den Rat zu Herzen. Doch eines Tages, als sie ins Dorf gehen mussten, verschlossen sie ihr Haus sorgfältig, sicher, dass dieses Mal keine Überraschungen auf sie warteten. Doch als sie zurückkehrten, bot sich ihnen ein unglaubliches Bild: Alle Tiere waren nicht nur wieder im Haus, sondern diesmal sogar im oberen Stockwerk! Das Chaos war vollkommen. Doch anstatt sich zu ärgern, lachten sie, öffneten alle Türen und sagten zu den Tieren: „Tut, was ihr wollt.“ Dann brachten sie sie sanft und mit freundlichen Worten zurück in ihr Gehege.
Einige Zeit später saßen sie auf ihrer Terrasse und betrachteten ihr lebloses, trockenes Land, als sie in der Ferne zwei leuchtende Gestalten sahen. Sie schienen über das karge Feld zu laufen, bis sie plötzlich innehielten und den beiden zuwinkten. Doch das Paar verspürte Angst und wagte es nicht, sich ihnen zu nähern. Am nächsten Tag wiederholte sich das Schauspiel. Dieses Mal erschienen die Gestalten an zwei versetzten Stellen: eine auf der einen Seite des Landes, die andere auf der gegenüberliegenden. Wieder winkten sie, doch das Paar zögerte erneut.
Wieder suchten sie den Druiden auf, und dieser sprach: „Geht dorthin, wo die Gestalten standen.“
Am nächsten Morgen machten sie sich auf den Weg. An der ersten Stelle fanden sie einen großen, schweren Stein. Sie nahmen ihn zur Seite – und in diesem Moment begann frisches, klares Wasser aus der Erde zu sprudeln. Eine Quelle! Erfüllt von Staunen und Freude liefen sie zur zweiten Stelle. Sie begannen vorsichtig zu graben, und bald entdeckten sie eine uralte keltische Truhe, gefüllt mit glänzenden Münzen.
Dieser Schatz ermöglichte es ihnen, das Land fruchtbar zu machen, Werkzeuge zu kaufen und das Haus in voller Pracht zu erhalten. Dankbar für das Geschenk der Kobolde errichteten sie einen heiligen Ort auf ihrem Land, eine kleine Stätte der Ehrerbietung, mit Blumen, Steinen und geschnitzten Figuren, die ihren Dank symbolisierten.
Viele Jahre lang lebten sie in Fülle, Harmonie und Glück. Die Quelle sprudelte, das Land blühte, und ihr Haus war voller Leben. Doch als ihr Enkel den Hof übernahm, wurde er von Gier übermannt. Er wollte das Land ausdehnen, noch mehr Ertrag, noch mehr Reichtum anhäufen. In seinem Streben zerstörte er den heiligen Ort, riss die Steine fort und ließ den Platz verwildern.
In diesem Moment versiegte die Quelle. Das Land vertrocknete, und egal wie tief er grub, er fand kein weiteres Wasser. Die Erde wurde wieder karg, und der Segen der Kobolde war fort.»
So erinnert diese Geschichte daran, dass Respekt, Dankbarkeit und Demut die wahren Schlüssel zu Reichtum und Fülle sind. Und dass jene, die die alten Bündnisse brechen, mit der Leere zurückbleiben. Diese Geschichte erinnert uns auch daran, dass wenn wir bewusst mit den Naturwesen zusammenarbeiten, wir uns gegenseitig in Fülle und Glückseligkeit bereichern können. Auch lehrt sie uns, dass Egos wie Gier und das Missachten dieser Bündnisse unweigerlich zum Verlust des Segens führen.
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